Eine Bühne, viele Stimmen

Das Orpheus Musiktheater entstand aus der Überzeugung, dass Kunst dann am stärksten berührt, wenn sie Fragen stellt, bevor sie Antworten gibt. Gegründet von einer kleinen Gruppe Idealistinnen, die sich in der Kaffeepause eines Festivals über die mangelnde Relevanz klassischer Konzertformate beklagten, wuchs das Ensemble in wenigen Jahren zu einer interdisziplinären Plattform mit über fünfzig Mitwirkenden heran. Musikerinnen, Klangforscher, Bühnentechnikerinnen, Dramaturgen und Meeresbiologinnen arbeiten Schulter an Schulter, um Klang, Wissenschaft und Poesie zusammenzuführen. Dass wir dabei liebend gern tradierte Rollenbilder aufbrechen, versteht sich von selbst: Bei uns kann eine Hornistin die Regieassistenz übernehmen, während ein Lichtdesigner ein Solo auf der Glasharfe spielt.

Unsere gemeinsame Arbeitsweise zeichnet sich durch radikale Transparenz aus. Proben sind öffentlich, Partituren werden online gestellt, und selbst die Kalkulation von Reisekosten ist einsehbar. Wir glauben, dass nur ein offener Dialog echte Verbundenheit schafft. Diese Haltung spiegelt sich in unserer Organisationsstruktur wider, die nach dem Prinzip der soziokratischen Kreise funktioniert. Jede Stimme zählt, und wichtige Entscheidungen werden erst gefällt, wenn die letzte Frage beantwortet ist. Dieser Prozess verlangt Geduld und Vertrauen, belohnt uns jedoch mit einer Loyalität und Innovationskraft, die in hierarchisch organisierten Häusern selten zu finden ist.

In der künstlerischen Leitung haben wir bewusst ein rotierendes System eingeführt: Jedes Jahr übernimmt eine andere Person die programmatische Hauptverantwortung. So bleiben wir neugierig und vermeiden blinde Flecken. Das Publikum profitiert von wechselnden Handschriften, während das Ensemble lernt, sich immer wieder neu zu erfinden. Dieses Prinzip hat uns schon Kooperationen mit Street‑Art‑Kollektiven, indigene Geschichtenerzählerinnen und Robotik‑Studios eingebracht und sorgt dafür, dass „Blue Planet Music“ stetig in Bewegung bleibt. Wir verstehen uns als lebendiger Organismus, der atmet, wächst und sich weiterentwickelt – genau wie unser Planet.