Von der Idee zum Klangabenteuer

Als wir vor drei Jahren den ersten Feldrekorder in einen einsamen Fjord Norwegens stellten, konnten wir nicht absehen, wie weit der Weg uns führen würde. Damals war die Vision noch jung und waghalsig: Wir wollten den Geräuschteppich abgelegener Naturlandschaften direkt in die Partituren einer modernen Musiktheaterproduktion weben. Der erste Erfolg kam unerwartet schnell. Wir spielten das zarte Knistern des arktischen Packeises über ein Streichquartett und bemerkten, wie der Saal den Atem anhielt, als würde jeder einzelne Zuhörer in diesem Augenblick das Eis unter den eigenen Füßen knacken hören. Diese Resonanz gab uns den Mut, immer weiter hinauszugehen, tiefer zu tauchen und höher zu steigen, um Klänge zu sammeln, die selten den Weg in einen Konzertsaal finden. Heute umfasst unser Archiv mehr als tausend Stunden Originalaufnahmen aus allen Erdteilen.

Im Zentrum unseres Schaffens steht ein modular aufgebautes Hauptwerk, das wir „Die Fünf Ozeane“ nennen. Jeder Teil widmet sich einem Weltmeer und setzt dabei eine eigene Klangfarbe in Szene. Für den Pazifik nutzen wir metallische Perkussionsinstrumente, die an die unzähligen Atolle erinnern, während für den Atlantik warme Bläsertöne dominieren, um die Strömungen widerzuspiegeln. Der Indische Ozean erhält seine Besonderheit durch den Einsatz eines eigens entwickelten Wasserorgel‑Synthesizers, der sowohl die Stille tropischer Nächte als auch den tobenden Monsun einzufangen vermag. Durch den modularen Aufbau können wir einzelne Segmente der Komposition austauschen und so jede Aufführung an den aktuellen ökologischen Diskurs anpassen.

Ein weiterer Eckpfeiler unseres Projekts ist die Bildungsarbeit. In Workshops mit Schulen und Universitäten erklären wir den Teilnehmenden, wie aus einem unscheinbaren Klangfragment ein orchestraler Satz werden kann. Dabei erarbeiten die Studierenden eigene Miniaturen, die in unsere Shows einfließen dürfen. So verschwimmt die Grenze zwischen klassisch getrennten Rollen – Publikum, Lernende, Profis – und ein kollektives Verständnis für den Klangreichtum der Erde entsteht. Viele der jungen Menschen, die uns dort zum ersten Mal begegnen, begleiten uns später als Praktikantinnen, Musiker oder Umweltbotschafterinnen auf Tournee.

Langfristig möchten wir das Konzept um Standorte außerhalb Europas erweitern, um lokale Künstlerinnen und Klangarchive einzubinden. Wir verhandeln bereits mit Kulturinstitutionen in Japan, Brasilien und Südafrika, um dortige Perspektiven in unsere musikalische Reise aufzunehmen. Denn die Erde mag eine Kugel sein, doch ihr Echo klingt überall anders. Wir sind überzeugt, dass gerade in dieser Vielfalt die größte Chance liegt, gemeinsame Lösungen für den Schutz unseres Planeten zu finden und gleichzeitig die musikalische Sprache neu zu erfinden.